Ellerbeker Rundschlag (s. u.) durch die Geschichte von Kiel: Kieler Volksmund, Jargon und Idiome der Kieler mit seltsamen Namen, umgangssprachlichen und amtlichen Benennungen im geschichtlichen Wandel und für Nicht-Kieler ungewöhnliche Bezeichnungen (Tourist auf dem Alten Markt: „Wo geht es zur Altstadt?“).
Manchmal kennen nur noch die Älteren sie (Klagemauer? Gängeviertel?); manchmal überdauern sie die Zeit (Stinkviertel); und manchmal werden sie amtlich (Schröpfecke, Beamtenlaufbahn, Geistkämpfer).
Quellen (abgesehen von mir) unter anderen → Kiel Wiki - Kieler Volksmund → Kieler Straßenlexikon → Kieler Erinnerungstage → Kieler KulturSpuren
Inhalt / Contents
- 1 Altstadt
- 2 Alter Bootshafen
- 3 Alter Markt
- 4 Altes Rathaus
- 5 Amöbe
- 6 Anscharpark
- 7 Arbeitsamt Wilhelmplatz
- 8 Beamtenlaufbahn
- 9 Blauer Albrecht / Blauer Christian
- 10 die Blume
- 11 Brausebude
- 12 Bullenkloster
- 13 Butterfahrt
- 14 CAP der CAU
- 15 CAU in der ELAC
- 16 Dampfer
- 17 Doppelte Büroklammer
- 18 Ellerbeker Rundschlag
- 19 Felsenhalle
- 20 Gängeviertel
- 21 Gebetsabschussrampe
- 22 Geistkämpfer
- 23 Gestrandeter Wal
- 24 Gropius-Bau
- 25 Holstenbrücke
- 26 die Hörn
- 27 Justizpalast und die Kieler Schlösser
- 28 der Kanal
- 29 Katastrophenschleife
- 30 Katholikenwiese
- 31 Das schönste in Kiel
- 32 Kieler Küste
- 33 Kilia
- 34 Kilian
- 35 Kippe
- 36 Klagemauer und Echo
- 37 Klappt-Nix-Brücke / Flagge-Brücke
- 38 Klein-Manhattan
- 39 Kleiner Kiel
- 40 Langemarck-Denkmal
- 41 Liegender Holländer
- 42 Lohn-Preis-Spirale
- 43 Lohntütenweg
- 44 Mäuseturm und Langer Lulatsch
- 45 Marientempel
- 46 Matrosenklo
- 47 Möllingsruh
- 48 Mont Klamott
- 49 der Norder
- 50 Olympia-Hochhaus
- 51 Onkel Ludwig
- 52 Oslokai
- 53 Ostseehalle
- 54 Ostufer
- 55 Philosophengang
- 56 Rantzaubau
- 57 Runder Platz
- 58 Schröpfecke
- 59 Schwertträger
- 60 Schwesterngang
- 61 Sehenswürdigkeit
- 62 Stadtgut Kieler Hof
- 63 Stinkviertel
- 64 Venus von Ki(e)lo
- 65 Vorstadt
- 66 Wackelpuddingwiese
- 67 Weißer Riese
- 68 die Werft
- 69 Werftpark
- 70 Weserfahrt
- 71 Zappelgasse
- 72 Zigarre / Beiboot
- 73 Zigarrenkiste
- 74 Gefangenes Paar
- 75 Glassarg
- 76 Kanonen
- 77 Litfaßsäule
- 78 Übrigens …
- 79 Kieler Stadtgeschichte

Altstadt
Kiel wurde zwischen 1233 und 1242 von Graf Adolf IV. von Holstein auf einer zirka 18 Hektar großen ehemaligen Halbinsel gegründet – jetzt die Altstadt.
„Civitas Holsatorum“ oder auch „Civitas Holsatiae“ sollte die neue Stadt heißen. Doch das lateinische „Stadt der Holsten“ wollte den Kieler der neu begonnenen Siedlung nicht so recht über die Lippen. Sie nannten sie nach der Stadtwerdung wie man die Gegend immer schon bezeichnet hat: tom kyle, am Keil (des Meeres) – das stand für „an der Förde“.
Der Tom war bald vergessen, außer man erinnert sich an den Butter(fahrt)dampfer „Tom Kyle“ (s. u.).
1652 fand sich auf einer Karte schon der neue Name „Kiell“. Daraus wurde Kiel.
Der Schiffs“kiel“ hat sprachlich dieselbe Wurzel, er beschreibt auch den ja ursprünglich immer keilförmig zulaufenden unteren Teil eines Schiffes oder Bootes. Übrigens …[1]…[2]
Die Gebäude der Altstadt wurden fast alle im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Die vier ältesten Gebäude Kiels – zumindest Teile davon – in der Altstadt: Adelspalais Warleberger Hof (1616, heute Stadtmuseum), Rantzaubau (1695, Westflügel des Kieler Schlosses, s. u.), Nikolaikirche und Kieler Kloster (Baubeginn um 1242).
→ Architektur in Kiel

Alter Bootshafen
Ein Hafen ohne Boote: der Alte Bootshafen – heute und amtlich nur der Bootshafen an der Grenze Altstadt und Vorstadt (s. u.)
Im Jahre 1846 wurde zwischen dem heutigen Bootshafen und der Kieler Förde ein Damm für den Hafenbetrieb gebaut, der anfangs mit einer Klappbrücke und später mit einer Drehbrücke ausgestattet war. Seitdem konnten nur noch kleinere Schiffe in diesen Bereich hineinfahren und anlegen, so dass sich der Begriff (Alter) Bootshafen etablierte, schließlich sind Boote anderswo im Kieler Hafen zu sehen.
1904 wurde der Bootshafen dann vom Kleinen Kiel abgetrennt, als die Verbindung nach Abriss der Holstenbrücke (s. u.) zugeschüttet und durch ein Rohr ersetzt wurde.
Damit erhielt der Bootshafen seine heutige dreieckige Form.
→ Damals – heute in Kiel

Alter Markt
in der Altstadt war von 1242 bis 1987 (amtlich) nur Markt. Aber schon vor dem Ersten Weltkrieg sagen vieler Kieler Alter Markt, denn am Kleinen Kiel in der Vorstadt war dort, wo später der Rathausplatz entstand, der Neumarkt (amtlich ab 1869; 1933 umbenannt in „Adolf-Hitler-Platz“, 1945 Umbenennung in „Rathausplatz“) und 1902 wurde der ursprünglich auf dem Alten Markt stattfindende größte Wochenmarkt Kiels auf dem (größeren) Exer(zierplatz) verlegt. Seit 1907 ist regelmäßig ein Wochenmarkt auch auf dem Blücher(platz.
1987 wurde der Markt amtlich in „Alter Markt“ mit seinen 70er-Jahren-Bauten umbenannt, weil die Kieler das schon lange sagten und weil kein Markt auf dem Markt(platz) stattfand – die Besucher Kiels erwarten durch diese Bezeichnung allerdings etwas anderes.
Übrigens …[3]

Altes Rathaus
stand südöstlich am (Alten) Markt, bis es 1911 vom Neuen Rathaus (sagen die Kieler damals) in der Vorstadt abgelöst wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Alte Rathaus durch die Bomben zerstört.
Daraufhin gewohnten sich die Kieler an, das Neue Rathaus nur noch Rathaus zu nennen – das „Venedig an der Förde“, nicht wegen der Brücken. Wollte Billing den Rathausturm in Anlehnung an den Campanile, den Markusturm der Lagunenstadt gestalten, weil das Rathaus auch an einer „Lagune“ (naja, s. u.) stehen wird?
Weil die Stadtverwaltung mehr Platz brauchte, hat Kiel jetzt ein zusätzliches Neues Rathaus im Gebäude der ehemaligen Oberpostdirektion (2008, amtlich) und das ehemalige Neue Rathaus ist jetzt das Alte Rathaus (nicht amtlich Bezeichnung der Kieler und Nicht-Kieler).
Und die Stadt plant ein neueres Neues Rathaus (Stand 2018) in dem ehemaligen neuen Landeszentralbank-Gebäude in der Hopfenstraße. Übrigens …[4]
Amöbe
Studentenjargon für den Neubau des Zentrums für Molekulare Biowissenschaften der CAU (s. u.)

Anscharpark
für das parkähnliches Areal des Marine- und Garnisonslazaretts in der Wik und spätere Anschar-Krankenhaus (teils abgerissen, teils denkmalgeschützt), heute daher amtlich die Straße „Im Anscharpark“
Arbeitsamt Wilhelmplatz
an der Sternstraße wurde 1928-1930 von Willy Hahn und Rudolf Schroeder erbaut. Als modernstes Arbeitsamt seiner Zeit, beeinflusst von der Bauhaus-Architektur, öffnete es am 15. März 1930. Die heutige Agentur für Arbeit Kiel zog in den 1990er in ihr neues Gebäude an der Adolf-Westphal-Straße. Das alte Arbeitsamt wurde umbenannt in Stephan-Heinzel-Haus nach dem führender Sozialdemokrat Stephan Heinzel (* 1841; † 1899 in Kiel) und es beherbergt Sozialen Dienste der Stadt Kiel.
Warum sollte Stephan Heinzel nicht mal auf dem alten Wilhelm stehen? Übrigens …[5]
Beamtenlaufbahn
Volkstümliche Bezeichnung für die kürzeste Verbindung zwischen der Blume (Polizeipräsidium Blumenstraße, Kiel-Damperhof, s. u.), dem Justizpalast (s. u.) und dem Neuen (jetzt alten) Rathaus (Kiel-Vorstadt, s. o.); Fußweg offiziell seit 1961.

Blauer Albrecht / Blauer Christian
Studentenjargon für das Uni-Hochhaus, das Verwaltungshochhaus der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel von der Architektin Ellen Krotz.
die Blume
Kiel-Rotwelsch für die nach der Falckwache (Falckstraße in der Altstadt) berüchtighmteste Polizeiwache mit der Kriminalpolizei, das ehemalige Polizeipräsidium in der Blumenstraße in Kiel-Damperhof (s. o. Beamtenlaufbahn), aber auch der Name eines ehemaligen Drogenumschlagplatzes.

Brausebude
Der Name „Brausebude“ ist so überliefert: Da es keine Alkoholkonzession gab, wurde am Fähranleger seinerzeit Limonade ausgeschenkt, um den Alkoholkonsum insbesondere unter den Werftarbeitern zu reduzieren.
(Quelle: Auf historischem Grund: Seegarten und Museumsbrücke)
Jetzt beim gestrandeten Wal (s. u.) auf der Museumsbrücke in der Altstadt.
Bullenkloster
Im Sprachgebrauch der Kieler Wohngebäude an der Ecke Hamburger Chaussee / Theodor-Heuss-Ring (Waldwiesenkreuz),die ursprünglich ausschließlich für die Unterbringung von männlichen Polizeischüler und Studenten konzipiert waren.

Butterfahrt
Bezeichnung einer Einkaufsfahrt auf einem Ausflugsschiff (Butterdampfer, s.u.) oder Fähre, die von etwa 1953 bis 1999 in Kiel und anderswo angeboten wurde und über die auf See gelegene Zollgrenze von Deutschland hinausführte.
Am bekannteste in Kiel: die Fähre „Langeland III“ (ab 1965 Kiel – Bagenkop auf Langeland) und die Ausflugs- und Butterdampfer „Tom Kyle“ (ab 1969; 1959 als „Orange Moon“ gebaut) und „Andreas-Gayk“ (ab 1970).

CAP der CAU
Wenn die CAU – die Kieler Uni Christian-Albrechts-Universität zu Kiel – von CAP spricht, dann meint sie nicht das (Achtung: Marketing!) „Erlebnis“zentrum CAP an der Kaistraße, sondern den Christian-Albrechts-Platz.
Nachdem am 27. November 1945 November 1945 die CAU in der ELAC wiedereröffnet wurde und bald zu klein war, wurde der CAP mit der Brunnenanlage und dem Audimax (beides von Wilhelm Neveling entworfen) als Campus-Zentrum in den 1960er gebaut.

Statt Übrigens ... ein Exkurs
CAU in der ELAC
Noch eine Abbreviatur und Akronym (da hier die CAU Thema ist sowie alte Kielerische Unternehmen – s. u. auch die Werft HDW):
Die ELAC, die Electroacustic GmbH, ist ein 1926 gegründetes Kieler Unternehmen, das aus dem Unternehmen Neufeldt & Kuhnke, Kiel (Gründung 1899, Umbennung 1936 in (Vorsicht Abk.!) Hagenuk – Hanseatische Apparatebaugesellschaft Neufeldt und Kuhnke) entstand. Wie auch die Hagenuk belieferte die ELAC das Militär, vorwiegend Echolotanlagen für Schiffe und Horchgeräte für die Marine. Deshalb erweiterte die ELAC das Werk zwischen 1940 und 1944 am heutigen Westring.
Statt eine Sprengung des Werks nach dem Zweiten Weltkrieg zog die CAU in der ELAC ein.
Keine Ahnung, ob Studierenden, die in die Alte Mensa wollen, heute noch sagen, sie gehen in die ELAC.
Die ELAC-Häuser in Kronshagen, die das Unternehmen für die Werkarbeiter und ihre Angehörigen in den 1930er Jahren errichtete, hatten weniger Glück:
die Gemeinde hat 2018 sie abgerissen.

Dampfer
Heute Fördeschiff oder Fähre. Nach Ansicht von vieler Kieler fahren Fähren nicht zum Ostufer (s. u., Ausnahme: die Gaardener Hin-und-Her-Fähre), sondern nach Skandinavien (Oslo oder Göteborg, s. u.), Litauen (Klaipeda) oder über den Kanal (s. u.).

Ellerbeker Rundschlag
Viele Interpretationen, nicht nur von Nicht-Kieler.
Beim Sport- und Wanderrudern kenne ich (väterlicherseits ein Ellerbeker) als anfangs eigentlich spöttisch-abwertende Bemerkung von Ruderern an diejenigen, die nicht „richtig rudern“:
Neben den Ellerbeker Rundschlag (das Ruderblatt beim Rückholen der Riemen – das Vorholen – nicht flach / horizontal gedreht) auch Krebse fangen (den Riemen zum Rückholen nicht ordentlich aus dem Wasser bekommen).
Der Ellerbeker Rundschlag soll auf die Ellerbeker Fischer mit ihrer „Rudertechnik“ zurückzuführen sein:
Mit ihren hochbordigen Kähnen (natürlich ohne Rollsitzen) ruderte sie zum Fischen auf der Förde. Dabei ist die Bewegung der Ruderblätter eine Kreisbewegung.
Ich glaube, damals sagen die Ellerbeker Fischer selbst das noch nicht – außer, sie waren mit ihren Rudertechnik schneller als die anderen Fischer an der Kieler Förde.
Der Ellerbeker Rundschlag bezieht sich später auf einen Rundumschlag – körperlich mit dem Vorschlaghammer, mit Gabel oder Löffel (Essen reinschaufeln), mit dem Fäusten oder auch verbal.
Felsenhalle
von der Kieler Actien-Brauerei unterirdische Brauerei-Betriebsräume errichtet und das beliebte Ausflugslokal „Felsenhalle“ südlich von Kiel (heute in Kiel an der Moorteichwiese) gebaut. Der achteckiger Turm diente als Hebevorrichtung für die Bierfässer und als Aussichtsturm für Gäste der Gastwirtschaft. Maschinengebäude, Fasslager, Böttcherei und fünf Lagerkeller wurden errichtet und 1872 wurden die Kellergewölbe erweitert. Im Zweiten Weltkrieg diente sie als Luftschutzkeller, die oberirdischen Gebäude wurde teilweise zerstört. Die Villa und der Turm stehen noch (wie lange?) und im Gewölbekeller haben Fledermäuse ihr Quartier (ausnahmsweise kein Viertel, s. u.).

Gängeviertel
war ein Stadtviertel in der Vorstadt, das aus einer Vielzahl von eng bebauten Gassen bestand. Es befand sich im Bereich zwischen Walkerdamm und Kleinem Kuhberg und vieler Juden wohnten dort.
→ Kiel 1932 – Menorah leuchtet weiter
Im Zweiten Weltkrieg wurde es fast vollständig zerstört. und auf seinem nördlichen Teil, zwischen Kleinem und Großem Kuhberg, die Ostseehalle (s. u.) errichtet. Übrigens …[6]

Gebetsabschussrampe
Studentenjargon für die Unikirche (1965, Architekten: Erhart Kettner, Ernst und Herbert Weidling)

Geistkämpfer
Kieler Volksmund für die Skulptur von Ernst Barlach in der Altstadt, den Ernst Barlach selbst übernahm. Der Geistkämpfer wurde nach dem Ersten Weltkrieg als Gegenstück zu Adolf Brütts Werk (s u.) betrachtet.
→ 19. Juni 1954 Geistkämpfer von Ernst Barlach vor der Nikolaikirche enthüllt

Gestrandeter Wal
sagten die Kieler damals und fast 60 Jahre lang für den heute denkmalgeschützten Bau der Kieler Fischhalle in der Altstadt.
Die ehemalige Fischauktionshalle baute 1909 / 1910 der Kieler Baurat und Architekt Georg Pauly. Bisher verkauften die Fischer, vor allem die Ellerbeker Fischfrauen in ihrer Tracht, ihre Ware unter freiem Himmel am Fischleger zwischen der Schumacher- und Flämischen Straße.
Doch die Fischhalle war damals schon zu klein für Fischauktionen. Der versprochene großen Erfolg der neuen repräsentativen Fischhalle mit ihrer eigenwilligen Architektur (wie ein Wal) blieb aus.
Seit 1948 entstand ein neuer Seefischmarkt an der Schwentinemündung. Die Stadt Kiel wollte 1966 die Fischhalle abreißen und (mal raten als Kieler) ein Parkhochhaus bauen, da der Passagier- und Güterverkehr am Oslokai (s. u.) und Tagesausflügler erheblich an Umfang zugenommen hatten.
Denkmalschutz sei Dank: das Landesamt für Denkmalpflege protestierte.
Und der Wal schwimmt jetzt wieder seit 1978 als eine der (wenigen?) Sehenswürdigkeiten (s. u.) in Kiel, das Kieler Schifffahrtsmuseums.

Gropius-Bau
besser: die Gropius-Bauten (am besten: Gropius & Schmieden-Bauten) für das Zoologische Museum und die alte Universitätsbibliothek (1881-1884, jetzt die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung in Kiel-Düsternbrook.
Nein, nicht zu verwechseln mit dem Walter Gropius! Sein Großonkel Martin Gropius und Heino Schmieden bauten sie.

Holstenbrücke
Lange Jahrzehnte ein Ort keine Brücke kriegt eine Brücke:
Auf dem heutigen Übergang der Holstenstraße über die Holstenbrücke stand früher als Haupteingangstor zur Stadt die Holstenbrücke, die die damals offene Wasserverbindung von der Kieler Förde über den Bootshafen (s. o.) in den Kleinen Kiel (s. u.). 1903 / 1904 wurde die Wasserverbindung verrohrt und zwischen Bootshafen und Kleinem Kiel vollständig zugeschüttet.
Der Name blieb, die Brücke nicht.
2019 hat Kiel endlich wieder eine Holstenbrücke durch die Wiederherstellung der offenen Wasserverbindung Betonwasserbecken (Kleiner Kiel-Kanal oder – mein Favorit Holstenfleet) zwischen Bootshafen und Kleinem Kiel.
Wann kommt die Schevenbrücke zurück?

die Hörn
Als Hörn oder „die Hörn“ wird die Förde- und Hafenspitze bezeichnet, der südliche Abschluss der Kieler Förde.
Bis Anfang der 1880er reichte die ursprünglich natürliche breitere und längere Bucht bis zum heutigen Schwedendamm, die traditionellen Liegeplätze der Frachtsegler aus Schweden.
1886 bis 1890 wurde der Abraum, der durch die Erweiterung der Dockanlagen der nahen Germaniawerft anfiel, aufgeschüttet. Dadurch erhielt die Hörn die heutige rechteckige Gestalt. Am Ende der Hörn bis dahin, wo heute das neue Arbeitsamt (s. o.) steht, befand sich früher der Kieler Schlachthof (s. u. Kippe und s. u. Klappt-Nix-Brücke). Übrigens …[7]

Justizpalast und die Kieler Schlösser
= „Renaissanceschloss“ des ehemaligen Oberlandesgericht am Kleinen Kiel (s. u.), 1890 – 1894 von dem Architekten Walter Hesse auf dem ehemaligen Grundstück der Maschinenfabrik und Eisengießerei Schweffel & Howaldt errichtet.
Bitte nicht zu verwechseln mit den anderen Kieler Schlössern wie
das Kieler Schloss (s. u. Rantzaubau),
das „Ellerbeker Schloss“ (= Gerhart-Hauptmann-Schule, einer der Theede-Bauten).
das „Marineschloss“ (= Haus an der Förde = Landeshaus Kiel) oder
der Schlosshof (Konzert- und Tanzhaus mit Gastronomie, heute das metro-Kino) und gegenüber das Schlosseck in der Holtenauer Straße).


der Kanal
In Kiel sagt man „der Kanal“ und meint den Nord-Ostsee-Kanal, international offiziell der weltweit meistbefahrenen „Kiel-Canal„, aber (Bescheidenheit ist eine Kieler Tugend) ein Kieler sagt es nicht.
Und Kiel hat nur einen Kanal – ich hoffe, dass der Kleiner Kiel-Kanal Holstenfleet heißen wird Update: der Kleiner Kiel-Kanal heißt jetzt offiziell Holstenfleet (s. o. Holstenbrücke).
→ Kieler Nachrichten: Kleiner Kiel-Kanal Klares Votum für den „Holsten-Fleet“
Übrigens …[8]

Katastrophenschleife
sagte der Kieler Volksmund, als es die Straßenbahn noch gab (eingestellt am 4. Mai 1985).
Obwohl die obere Brunswiker Straße von keiner Straßenbahnlinie fahrplanmäßig befahren wurde, lagen dort Straßenbahngleise. Dadurch konnten die Straßenbahnlinien 1 und 4 bei Betriebsstörungen zwischen unterer Brunswiker Straße und Berliner Platz oder Dreiecksplatz auf diese Katastrophenschleife ausweichen und solche Störungen umfahren.
Die Katastrophenschleife ermöglichte auch für die Sonderfahrten des Altbürgermeister Asmus Bremer beim Kieler Umschlag.
Fährt er zukünftig mit der Stadtbahn oder doch mit einer neuen Straßenbahn? Die neue erste Kieler (Pferde)Straßenbahn fährt fuhr am 8. Juli 1881
Foto: Überbleibsel der Straßenbahn der Schleife Belvedere in der Wik

Katholikenwiese
sagen die alten Kieler für die Wiese an der katholische Kirche St. Heinrich zwischen Feldstraße und Forstbaumschule (eine andere Kieler Wiese s. u.).
→ 1898 Die Forstbaumschule wird öffentlicher Park

Das schönste in Kiel
… ist die Umgebung (Kieler Spruch).
Sehenswürdigkeiten (s. u.) in „Neapel des Nordens“ (s. u. Marientempel) und in „Venedig an der Förde“ (s. o.), der Musenberg im Reiseführer „Kiel. Holsteins neuer Parnass“ von Caeso Gramm.

Apropos Musensitz Kiel: Dichterheim und Idioten-Anstalt…[9}
Musensitz Kiel
Du im Grünen, erblüht an der Ostsee leuchtendem Busen,
Aus dem Gedicht „Kiel.“ von Johann Meyer (* 1829; † 1904)
Kilia, freundliche Stadt, grüße dich herzlich mein Lied!
So, wie im wonnigen Lenz, umschwärmt von singenden Vögeln,
Dort ich in Düsternbrooks schattigem Dunkel es sang.
Dämmernd, lächelnd und mild, durchflossen vom rosigen Lichte
Aus der Ferne voll Glanz schwebte der Abend daher,
O, und ein Abend so schön, so herrlich, als wollte der Himmel
Selber zur Erde mit ihm senken sich leise herab.
Dort war’s auf Bellevue, wo jäh der steilere Abhang
Wurzelt durchs Erlengebüsch bis an die Welle hinab,
Siehe, da saß ich und sann und freute der reizenden Schöpfung,
Freute mich deiner, mein Kiel, wie du so herrlich und schön! …

Kieler Küste
Rotlichtviertel im Hafenviertel, direkt dahinter Schlossquartier, Kiel-Altstadt[icon name=“camera“ prefix=“fas“].
Übrigens …[10]

Kilia
Die weibliche Symbolfigur der Stadt Kiel, eine Art Schutzgöttin und die Brunnenfigur von Edward Lürssen für das Hochzeitsgeschenk für Prinz Heinrich und Prinzessin Irene, der nicht mehr vorhandene Kiliabrunnen.
Der Name hat nicht zu tun mit dem ukrainischen Ort Kilija (ukrainisch Кілія, russisch Килия, rumänisch Chilia): als Universitätsstadt tut sich Kiel gelehrt mit dem latinisierten Name von Kiel wie auch Ki(e)lius (nicht zu verwechseln mit Marika Kilius) und Kielia. Übrigens … Kennen Sie den Schneider & Berger-Speicher und das Kaufmann-Hochhaus in Kiel?[11]

Kilian
der U-Boot-Bunker auf dem Kieler Ostufer (s. u.) als ein eindrucksvolles Mahnmal aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.
Im Jahr 2000 wurden die unter Denkmalschutz stehende Bunkerruinen zugunsten der Erweiterung des Ostuferhafens eingeebnet.
Der Name des U-Boot-Bunkers (eingeweiht 1943) ist wahrscheinlich schon in der Nazi-Zeit bekannt und hat vermutlich nichts zu tun mit dem männlichen Vornamen und dem Familienamen Kilian (lateinisch Chilianus) bzw. dem Namenspatron Heiliger Kilian.
Kippe
für die Hörn (s. o.) sagten die alten Gaardener: sie gingen zu Fuß oder fuhren mit Pferdefuhrwerken um die Kippe nach Kiel, den langen Weg um die Hörn ohne die Klappt-nix-Brücke (s. u.). Einige Zeit hatten sie auch eine Gaardener Hin-und-Her-Fähre (s. o. Dampfer), weil ein Tunnel oder eine Schwebefähren zu teuer war.

Klagemauer und Echo
Durch die hohen Ladenmieten an der Holtenauer Straße in der Brunswik (jetzt Arkaden am Dreiecksplatz ) gingen vielen Geschäfte in Konkurs, deshalb nannte man in den 1950er und 1960er Jahre die linke Ladenzeile „Klagemauer“ und die baulich symmetrische rechte Ladenzeile „Echo“.
Klappt-Nix-Brücke / Flagge-Brücke
die Hörnbrücke (s. o. die Hörn), eine Dreifeldzugklappbrücke in der Vorstadt, die unter der Leitung von dem Stadtbaurat Otto Flagge gebaut wurde.

Klein-Manhattan
auch Mettbürger, Manhattan-Hof oder M-Town für Kiel-Mettenhof, die erste Trabantenstadt Kiels mit den Weißen Riese (s. u.).
Der Name Mettenhof stammt vom ehemaligen Meierhof von Hans-Heinrich von Kielmannsegg, Besitzer von Gut Quarnbek, der ihn 1676 nach seiner Frau Metta benannte (Alt-Mettenhof). Neu-Mettenhof wird seit 1965 gebaut und am 26. September 1966 ziehen die ersten Mettbürger Mieter ein.

Kleiner Kiel
Der Lütte Kiel war (ist?) kein See, sondern ein Seitenarm der Kieler Förde.
Der Name Kiel (Kyl) ist ein niederdeutsches Wort für Keil. Bis 1864 gab es zwei Keile: Die Kieler Förde als Wasser-Keil ins Schleswig-Holsteinische Festland, ein „Großer Kiel“, und von dieser abzweigend den Wasser-Keil südwestlich der Kieler Altstadt, ein „Kleiner Kiel“.
Im Laufe der Zuschüttungen ist die Bedeutung verblasst, der Name jedoch erhalten geblieben. Der heute durch die nur 20 Meter lange Emil-Lueken-Brücke überbrückte Kleine Kiel lässt vergessen, dass die Ufer hier bis 1889 nur mit dem Boot überwindbare 116 Meter auseinander lagen.
Auf einigen alten Karten wie bei Caeso Gramm wird das Gewässer als (natürlicher) „Stadtgraben“ eingezeichnet, nur das Land oberhalb war als Kleiner Kiel eingetragen. Ubrigens …[12]

Langemarck-Denkmal
Irreführende und (für die Kieler Universität) undankbare, aber populäre Bezeichnung für das Gefallenen-Ehrenmal der CAU im Schlossgarten in Kiel-Düsternbrook.
Übrigens: Exkurs über die Erinnerungskultur in Kiel und der Kieler Universität …[13]

Liegender Holländer
sagen die Kieler für den Segler von Karlheinz Goedtke (1962) am Seegarten in Kiel-Altstadt.

Lohn-Preis-Spirale
für die Plastik „Licht wird Objekt“ vor der Sparkasse am Kleinen Kiel, Damperhof.
→ 1. Juli 1796 Gründung der Kieler Spar- und Leihkasse
Lohntütenweg
Dort warten die Frauen der Werftarbeiter (s. u. die Werft) auf ihre Männer, um den Wochenlohn vor den „Gefahren“ des Heimweges zu retten.
Der Treppenweg führt von der ehemaligen Howaldtwerft bis zum Dorfteich in Neumühlen-Dietrichsdorf. Seit 1963 offiziell.
Mäuseturm und Langer Lulatsch
… standen am Lotsenhafen an dem Tiessenkai (heute umbenannt in Holtenauer Reede) in Holtenau: der Mäuseturm war ein (nicht hohes) Aufenthaltshäuschen für die Führer der Lotsenversetzboote, der (hohe) Lange Lulatsch, der Lotsenturm (abgerissen 1972).

Marientempel
1805 lebten der dänische Kronprinz Friedrich und seine Frau Marie Sophie Friederike im Kieler Schloss. Er ließ 1807 eine befestigte Kastanienallee, der jetzige Düsternbrooker Weg, zwischen der Schlossallee und Kruse sien Koppel anlegen. So wurde das beliebte Ausflugsziel Düsternbrook mit der Stadt verbunden. Übrigens…[14]
Anfang 1808 erwarb die Stadt Kiel ein Gelände und ließ dort einen englischen Landschaftspark, der Marienhain, anlegen und von dem dänischen Architekten Axel Bundsen einen Pavillon im Stil eines antiken Tempels bauen – den Marientempel. Bei der Einweihung im August 1808 machte die Stadt die Anlage Marie Sophie Friederike aus Dankbarkeit für die Errichtung der Allee und zur Feier der glücklichen Geburt ihrer Tochter Wilhelmine zum Geschenk.
Mit dem Beginn der preußischen Regierung konnte auch de Öffentlichkeit des Teehaus als Waldwärterhaus mit Ausschank nutzen. Hier stärken sich jetzt die Flaneure, die die Aussicht über die Förde genießen und sie schwärmerisch als „Neapel des Nordens“ bezeichnen (bitte nicht mit dem späteren „Venedig der Förde“ zu verwechseln, s. o.).
Die Nationalsozialisten machen aus dem „Marientempel“ 1934 / 1935 das zentrale Ehrenmal der Stadt für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (s. o. auch das Langemarck-Denkmal)
→ 1807 Vor 200 Jahren entstand der Düsternbrooker Weg

Matrosenklo
einer der „111 Orte in Kiel, die gesehen haben muss“ im Reiseführer von Jochen Reiss: die Sehenswürdigkeit (s. u.) „Hafen 77“ (1977) von Felix Fehlmann an der Kiellinie, Kiel-Wik.
In unsere Familiensprache (s. u.) auch der Schiffsfriedhof und Schiffsschrottplatz genannt.
Möllingsruh
Mölling ruht auf der Wackelpuddingwiese (s. dort).
Mont Klamott
nicht nur in Berlin: Trümmerberg nach dem 2. Weltkrieg, jetzt einer Grünanlage mit kleinem Rodelberg an der Holtenauer Straße / Dreiecksplatz, Kiel-Brunswik
der Norder
1907 als Städtischer Sport- und Spielplatz entstanden, heute multifunktionales städtisches Sport- und Veranstaltungsgelände: das Nordmarksportfeld in Kiel-Ravensberg.
Dann gibt es noch den Blücher, den Exer und den Wilhelm, auf dem Stephan Heinzel steht (s. o.).

Olympia-Hochhaus
für das Mercator-Hochhaus in der Wik. Das Gebäude des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Schleswig-Holstein und die Mercatorstraße erinnert an den Kartographen Gerhard Mercator (* 1512; † 1594), der die Weltkarte für Seefahrer und den ersten Atlas herausbrachte.

Onkel Ludwig
nannten die Kieler den Ludwig Gödecke (* 6. Januar 1886 in Kiel, † 7. März 1967 in Pinneberg), ein gelernter Schiffbauer, der in den 1920er Jahren Fahrräder am Rathaus bewachte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er freiwillig von 1946 bis 1967 die Aufgabe des Parkplatzwächters auf dem Alten Markt. Er galt als kauzig, war aber aufgrund seiner Hilfsbereitschaft sehr beliebt und stadtbekannt – ein Original, an das eine Bronzetafel Ecke Küterstraße / Kehdenstraße erinnert.
→ Kieler Nachrichten „Onkel“ Ludwig Vom Wächter zum Kieler Ehrenbürger

Oslokai
Am 24. April 1961 Einweihung, später in Ostseekai umbenannt, die Fähre (kein Dampfer! s. o.) nach Oslo fährt am Ostufer (s. u.) am Norwegenkai ab.
Nur der Schwedenkai bleibt wie wo er war.

Ostseehalle
Baubeginn Dezember 1950 in der Vorstadt, viele Umbauten, ab 2008 (Achtung Werbung!) Sparkasse-Arena Kiel, im April 2020 wurde bekannt (kein Scherz leider), dass die Ostseehalle ab Juni 2020 Wunderino-Arena heißt …
Tip füt Touris: Fragen Sie nach der Ostseehalle, wenn ein (Namens-) Kampf in der um die Arena wieder stattfindet.
Übrigens …[15]

Ostufer
Wenn Kieler vom Ostufer sprechen, meinen sie (meistens nur) Gaarden (-Ost), manchmal auch Kiel-Ellerbek, Kiel-Wellingdorf und Neumühlen-Dietrichsdorf. In Zeitschriften werden Stadtteile, die nicht am östlichen Fördeufer liegen (z.B. Kiel-Elmschenhagen), zum Ostufer gezählt.
Für manche Kieler war abfällig (oder ist trotz der Bemühungen u. a. der Stadt?) das Ostufer nur ein Arbeits- und Wohnviertel von (Werft-, Gast-) Arbeitern (s. u. die Werft), das Westufer war für besser verdienende Angestellte und Beamte, Akademikern und Unternehmer „vorbehalten“ …
Philosophengang
Der Volksmund hat den Heckenweg zwischen Damperhof und Brunswik so getauft, weil Professoren ihn auf dem Weg zur Uni benutzten; seit 1869 offizieller Name,

Rantzaubau
1685 stürzte der ältere, unter Friedrich I. erbaute Westflügel des Kieler Schlosses (s. u. Zigarrenkiste) ein.
Im Auftrag von Friederike Amalie, der Frau Herzog Christian Albrechts, baute der Redsburger Festungsbaumeister Domenico Pelli einen Neubau von 1695 bis 1697 (jetzt einer der älteste Gebäude Kiels).
Eigentlich müsste er Amalien- oder Pelli-Bau heißen, aber obwohl die Grafen von Rantzau nichts mit dem Bau zu tun hatten sagen die Kieler Rantzaubau – vielleicht, um die uradlige schleswig-holsteinische Familie zu würdigen?
Aber bereits 1585 trugen Georg Braun und Franz Hogenberg auf ihren Stich den Rantzaubau irrtümlich ein. Er und Ost- und Südflügel waren „das Schloss“.
Heute unterscheiden die Kieler den Rantzaubau und den (neuen, 1964) Ostflügel, der nun nur als Kieler Schloss genannt wird (Bitte nicht zu verwechseln mit den anderen Kieler Schlössern, s. o.).

Runder Platz
nannten die alten Kieler den Verkehrskreisel am Ende der Neuen Straße, das Mittelstück der Holstenbrücke (s. o.), entstanden während der Trümmerräumung und des Wiederaufbaues (Bürger bauen eine neue Stadt) unter den Bürgermeister Andreas Gayk (1893 – 1954).
Ihm zu Ehren wurde die Neue Straße umbenannt in Andreas-Gayk-Straße (1954).
Und die (Verkehrs-) Insel (sic!) wurde 1955 zum Gedenken an die alte Reichshauptstadt, an das geteilte Berlin und an den Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 als Berliner Platz festgelegt und am 15. Mai 1956 wurde zum Zeichen der Verbundenheit Kiels mit Berlin ein „Berliner Meilenstein“ enthüllt.
Bereits seit 1953 stand am (noch runden) Berliner Platz das Kriegsgefangenmahnmal von Fritz During. Während des Neubaus des Kaufhauses Woolworth wurde die (umstrittene) vier Meter hohe Stele 1992 zerstören. Und wiederum wurde Woolworth abgerissen (2017) und durch den Holstenfleet-Bau ist der Berliner Platz nicht mehr rund. Übrigens …[16]
Schröpfecke
Alte Bezeichnung im Volksmund für die Straße am ehemaligen Finanzamt Kiel Süd, Kiel-Südfriedhof; seit 1964 offiziell

Schwertträger
sagt den Kieler Volksmund für den amtlichen Namen „Der Schwertmann“, eine Bronzefigur des nicht mehr vorhandenen Schwertträgerbrunnen von Adolf Brütt auf dem Neumarkt / Rathausplatz (19. Oktober 1912 vor dem Rathaus eingeweiht).
Manche sagen auch der Roland von Kiel, nicht zu verwechseln mit dem Rolandrelief auf der Blume (s. o.). Der Schwertmannträger symbolisiert die Rolandsfigur, auf vielen städtischen Marktplätzen ein gerüsteter, Mantel tragender, barhäuptiger Mann, der ein bloßes Schwert in der Hand hält, und die Marktgerichtsbarkeit verkörpert – doch hier in einer modernen Auffassung.
Die Stadt Kiel mag die moderne und zeitgenössischen Kunst und Architektur (s. Geistkämpfer, Doppelte Büroklammer, Venus von Kilo, Matrosenklo, Gestrandeter Wal, Alter Markt …).

Schwesterngang
Im Volksmund der Fußweg am Schwesternwohnheim (2013 abgebrochen, dort ab 2014 eine Kita des Universitätsklinikums) zwischen Niemannsweg und Feldstraße am Rande der Uni-Klinik; seit 1961 offiziell.
Ein Freund eines Freundes erzählt, dass dort früher junge Männer warteten … Übrigens
Fotoblick vom Schwesterngang auf die Pauluskirche, Kiel-Düsternbrook.

Sehenswürdigkeit
Bezeichnung für das Kieler Umland.
Alter Witz: Das schönste an Kiel? Die Umgebung (s. o.).
Trotzdem etwas sehenswertes …
Stadtgut Kieler Hof
Stadtgut sagen der alten Kieler für den Hof Hammer im Südwesten Kiels und nordwestlich von Kiel der (dunnemals bekannte) landwirtschaftliche Anwesen Kieler Hof. Hof Hammer gibt es noch, den Kieler Hof nicht mehr.
Das anfangs nur kleine Anwesen Greverkathe (Gräberkat1e) wurde im Jahr 1607 von dem Kieler Stadtrat gegründet. Ein Holzvogt (laut Heimatforscher Arthur Gloy de Gräver – der Gräber) sollte im Auftrag der Stadt Kiel den Wald zwischen den Dörfern Wik und Kronshagen beaufsichtigen, damit sich kein Kronshagener und kein Wiker von den Kieler Holzbeständen etwas stibitzt. Der Vogt durfte sich dort ein Kate bauen und einige Pferde und Kühe halten.
Die Greverkathe wurde 1767 in Erbpacht gelegt und die Hofstelle nahm an Umfang und Wert zu. Die wechselnde Besitzer nannten sie unter anderen Wüstenfelde und Katharinenhof. Im Jahr 1849 stellte der Pächter Johann Feldberg den Antrag, das Anwesen umzubenennen, da die negative Bezeichnung Greverkathe als unpassend erscheint. Sein Vorschlag „Kielerhof“ als neuer Namen stimmte der Kieler Rat zu und bei dem blieb es.
Spätere Besitzer verkauften Grundstücke an die Marine (Schießbahn, Marinefriedhofs, heute Nordfriedhof) und an die Stadt Kiel, u. a. für den Bau des Holsteinplatzes (1911, heute Holsteinstadion) und für die Anlage einer Kleingartenkolonie, deren Name „Kieler Hof“ nur noch an das ehemalige Anwesen erinnert.
1971 wurden die letzten Gebäude des Kieler Stadtgutes abgerissen, um dem Olof-Palme-Damm Platz zu machen.
Der fünfte neue Botanischer Garten auf dem Campus der Universität wurde auf dem alten Ackerland des Kieler Hofes angelegt.
→ Nils Hansen: Der „Kieler Hof“ in Kiel – ein landwirtschaftliches Anwesen im städtischen Umfeld → Kiel Wiki – Kieler Hof → Botanische Gärten in Kiel
Stinkviertel
Der Name Stinkviertel in Kiel-Ravensberg stammt aus einer Zeit, in der zu einer nahe gelegenen Fabrik der Inhalt der Goldeimer (umgangssprachliche Bezeichnung von Eimer oder Fässer, die man zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Fäkaliensammlung unter Plumpstoiletten) tragen. Dort wurde von 1901 bis 1919 aus Fäkalien versandfähiger Dünger hergestellt. Bis in die 1970er Jahre war das Viertel überwiegend von Arbeiterfamilien bewohnt. Mittlerweile wohnen im „Stinkviertel„ in erster Linie Studierende (also ein Studentenviertel). Übrigens …[17]

Venus von Ki(e)lo
Die „Schlummernde“ von Richard Engelmann (1911 entstanden, 1926 von der Stadt erworben) früher und jetzt wieder (seit 2002) im Hohenzollernpark (heute Schrevenpark). 1950 wurde sie am Kleinen Kiel in Gebüsch versteckt – „Sie ist ja nackig!“
Übrigens ‚s Greven Diek…[19]

Vorstadt
entstand um 1575 vor der Kieler Stadtmauer, heute ist die Vorstadt in der Innenstadt (City genannt).

Wackelpuddingwiese
Die östliche Spitze des Kleinen Kiels (s. o.) ließ der Bürgermeister Heinrich Mölling 1869 zuschütten, weil das Gewässer dort versumpft war.
Die Kieler nannten diese „Wackelpuddingwiese“, weil der Boden nach wie vor (bis heute – 2017) feucht war und federte. Später amtlich Möllingsruh, ein Teil des Ratsdienergarten.

Weißer Riese
Höchstes Hochhaus Kiels (1968, 25 Stockwerke, ca. 100 m) in Klein-Manhattan (s. o.)

die Werft
Kiel hatte viele Werften (z.B. Lindenau-Werft), aber nur eine ist die Werft: Howaldtswerft, kurz HDW, am Ostufer (s. o.).
Howaldts Deutsche Werft wurde Ende 2012 in ThyssenKrupp Marine Systems GmbH (TKMS) umbenannt. Die Unternehmensgeschichte der größten deutschen Werft und größte Arbeitnehmer in Kiel reicht bis zur Gründung der Maschinenfabrik und Eisengießerei Schweffel & Howaldt am 1. Oktober 1838 zurück.
→ 23. Mai 1867 Errichtung einer Marinewerft in Ellerbek
→ Am 1. Juli 1955 übernahmen die Howaldtswerke die Deutschen Werke – Ein Datum in der Kieler Werftgeschichte
→ Der längste Streik in der Bundesrepublik begann am 24.Oktober 1956 mit dem Streik der Metallarbeiter in Schleswig-Holstein

Werftpark
Zwischen 1890 und 1892 als Werfterholungspark / Werftpark entstanden, 1936 in Horst-Wessel-Park, 1947 in Volkspark umbenannt.
Aber sehr viele Kieler sagen noch immer Werftpark (z.B. Theater im Werftpark). Andere Kieler sagen, dass der Werftpark in Gaarden ist, der Volkspark in Ellerbek.
Wo ist die Grenze?

Weserfahrt
Seeleute nennen eine schwierige Fahrrinne im Jadebusen durch das Wattenmeer zur Wesermündung hin „Weserfahrt“. In Kiel als Abkürzungsweg zur Marinestation in Düsternbrook scherzhaft so genannt. Diese Wegebezeichnung wurde 1927 amtlich.

Zappelgasse
für die Bergstraße, die Vergnügungsstraße in Kiel-Damperhof wegen der Diskotheken dort.
Wer kennt noch den Hinterhof?
Zigarre / Beiboot
für den Anbau der Ostseehalle (s. o. SparkassenWunderino-Arena) am Ziegelteich

Zigarrenkiste
weniger spöttisch auch Landeskiste genannt: die Historische Landeshalle Schleswig-Holstein, 1965 erbaut als Südflügel des Kieler Schlosses (s. o. Rantzaubau).
→ 19. Juni 1961 Grundsteinlegung für den Wiederaufbau des Kieler Schlosses
Nur Familiensprache (?):
Gefangenes Paar
= Skulptur Adam und Eva von Bjørn Nørgaard an der Hörn (Ernst-Busch-Platz / Germaniahafen in Gaarden-Ost, 1989 bis 1999 vor dem Sophienhof in Kiel-Vorstadt.
→ Kunst@SH – Bjørn Nørgaard: Adam und Eva

Glassarg
sage meine Mutter, als sie das vollständig schwarz verglaste Betriebsgebäude des Opernhauses Kiel (1970 / 1971 von Werner Kallmorgen) sah.
→ Eröffnung des Stadttheaters am Kleinen Kiel am 01. Oktober 1907
Das prägnante Gebäude des KirchenKAIs, ca. 100 m weiter an der Rathausstraße neben der St. Nikolaus-Kirche, entstand erst 2004 nach einem Entwurf des Kieler Architekten Manfred Nagel und wurde 2006 vom Kieler Beirat für Stadtgestaltung als Bauwerk ausgezeichnet. Der Name Glassarg war schon ergeben.

Kanonen
dachte ich, als ich es sah: Denkmal „Wik“ oder „Feuer aus den Kesseln“ von Hans-Jürgen Breuste (1982) im Ratsdienergarten, Kiel-Altstadt.
→ 4. November 1918 Matrosenaufstand in Kiel: Beginn der deutschen Revolution

Litfaßsäule
= Kiel Säule von Erich Hauser (1971) am Kleinen Kiel
Übrigens …
[1] ↑ Ein Sammelsurium von Schreibweisen der Holstenstadt Kyl, Kyle, Kyel, Kyell und Kiell, latinisiert Chilonium (s. o.).
Apropos Stadtname: Kiel wurde bzw. wird umschrieben (manchmal marketingorientiert-schwärmerisch) als Neapel der Nordens, Musenberg Parnass, Venedig der Förde und Tor zum Norden (in Lübeck und in Flensburg nicht erwähnen!); die heutige Landeshauptstadt war bzw. ist (alphabetisch sortiert) Fahrradstadt, Fördestadt, Hafenstadt (Fährhafen, Kreuzfahrthafen und (Ost) Seehafen, s. auch Marinestadt), Hansestadt (nur kurz), Klimaschutzstadt, Marinestadt (Kriegshafen und Marinehafen), Segelstadt (neudeutsch Sailing City), Universitätsstadt, Werftstadt, … (kann nach Belieben fortgesetzt werden).
Notabene: Kiel war auch mal eine geteilte Stadt (1865 /1866).
[2] ↑ Altstadt [7] ↑ die Hörn [12] ↑ Kleiner KIel Das Wort „Hörn“ leitet sich ab von Horn (mittelhochdeutsch und althochdeutsch horn, verwandt mit Hirn aus einer indoeuropäischen Wurzel im Sinn „Oberstes“) = Spitz, Ecke, Winkel. Schwedisch „hörn“ = Ecke (und auch kil=Keil). Geographisch meistens spitz zulaufende / keilförmiges Landformation (Kap Hoorn) oder Geländestück bei Orts- und Straßennamen (Elmshorn, Stadtteil Hörn in Aachen und Horn in Hamburg, in der Kiel-Vorstadt z. B. Fleethörn, die damals noch eine winklige, enge Gasse an der Mündung des Mühlenbachs in dem Kleinen Kiel war.
Aber in Kiel ist alles anders: Die alten Kieler hörten ja die schwedische Sprache dort, wo die Frachtschiffe aus Schweden anlegten. Und die schwedische Sprache kennt ebenso das Wort. Also dachten sich vielleicht die alten Kieler, dass sie das Hafengewässer (kein Land!) nicht schon wieder Kiel nennen (Lütte Kiel hatten sie ja schon), sondern „Hörn“ für die keilförmige Bucht. Einige Historiker wie Wolfgang Laur (Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein 1967 / 1992) denken, dass anfangs nur der innere Teil der Förde – vermutlich also die Hörn – als Namensgeber der Stadt Kiel, der Keil, bezeichnet wurden. Später wurde der Keil die Bezeichnung für die gesamte Förde.
[3] ↑ Vielleicht tauften die Ratsherren 1987 den Markt in Alter Markt auch um, weil man in einer Altstadt fast ohne Altbauten wenigsten der Name „Alter Markt“ daran erinnert?
Oder wollte man durch die Benennung ein Kontrast zu den 1970er-Neubauten von Walter Neveling setzen? Möglicherweise wäre man die Diskussion über den Denkmalschutz der Neubauten aus den Wege gegangen. Pavillon aus einem Markt – okay. Pavillons auf dem Alten Markt – nein!
Interessant finde ich, dass der Architekt Walter Neveling die Pavillons dort errichten ließ, wo früher Gebäude am (Alten) Markt standen wie das Alte Rathaus (s. o.) oder die Persianisches Häuser, die zeugen auch vom selbstbewussten Verhältnis der Bürger zur Kirche: die neue Häuserzeile trennte die Nikolai-Kirche von Marktplatz und benachbartem Rathaus. Groß war der Markt(platz) nie gewesen.
Scheinbar durchzieht der Leerstand wie ein roter Faden die Innenstadt. Geschichtliche Parallelen: Die Persianisches Häuser wurden 1632 bis 1638 als Packhäuser für persische Waren gebaut. Doch sie standen leer, weil die entsandte Kommission keine Handelsverträge abschließen konnten. Die Persianisches Häuser wurden später zu Wohnhäuser umgebaut. S. o. auch die Geschichte des gestrandeten Wals.
[4] ↑ Die Stadt Kiel hatte auch die ehemalige alte Landeszentralbank an der Ecke Fleethörn / Rathausplatz erworben, heute Stadtkasse und Standesamt des Kieler Rathauses.
Mehr Beispiele zu alten und neuen Bezeichnungen gefällig?
Der jetzigen Alte Botanische Garten (auch amtlich) war der vierte Botanische Garten der Uni Kiel (neu eröffnet 1884 in Kiel-Düsternbrook), der fünfte neue Botanische Garten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (1985) liegt in der Leibnizstraße in Ravensberg.
Auch in der Leibnizstraße die neuere Zentralbibliothek (Hauptabteilung) seit 2001. Die Alte Universitätsbibliothek war in dem Gropiusbau an der Ecke Hegewischstraße / Schlossgarten, jetzt die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung CAU in Kiel-Düsternbrook und die neue Zentralbibliothek Uni Kiel (1966, Hauptabteilung) lag am Westring.
[5] ↑ Die Geschichte des alten Arbeitsamtes und seine alte und neue Funktion rechtfertigt (nach meiner Meinung) die Umbenennung.
Aber der Abschnitt der Sternstraße zwischen Möllingstraße und Kronshagener Weg in Stephan-Heinzel-Straße umbenennen, weil das Stephan-Heinzel-Haus dort steht?
Da liegt noch auch die Sternschule. Wer war denn der Kieler namens Stern?
Heute nur mehr zu erahnen (und durch die Umbenennung wohl gar nicht mehr): die sternförmige Zusammentreffen der Straßen am Wilhelmplatz, nach dem die Sternstraße und nach der Straße die Schule benannt wurde. Soviel zum Kieler Stern.
[6] ↑ Nie gehört von dem Großen Kuhberg? Wenn man von Hertie Karstadt zum Exer mit dem Rad fährt, der weiß, wie groß steil (für Kieler) der Kuhberg ist. 1980 bezog die Stadt den Großen Kuhberg zwischen Bäckergang und Exerzierplatz in den „Ziegelteich“ ein.
[8] ↑ In der Zeit, in der wir zur Brokdorf-Demo mit „Jute statt Plastik“ gingen, hatten wir auch eine kielerische Idee: die Wasserverbindung zwischen Förde und Kleinem Kiel wieder zu öffnen, damit die Altstadt wieder eine Halbinsel werde.
Manche Ideen haben viele, manche Ideen brauchen Zeit – mal zu lang, mal stimmt die Ausführung nicht. Übrigens s. o. Mahnmal für ein Mahnmal
[9] ↑ Nach dem „Musensitze Kiel“ zog der niederdeutsche Dichter und Pädagoge Johann Meyer (* 5. Januar 1829 in Wilster; † 15. Oktober 1904 in Kiel) und in seinem *Dichterheim“ am Rondeel fronte er seine „Lieblingsbeschäftigung, dem poetischen Schaffen“. Einem „Herzensdrange folgend“ gründete er dort außerdem die „Idioten-Anstalt“ für Besserung und Pflege der „Schwach- und Blödsinnige“ (so im damaligen Sprachgebrauch, Vorläufer der heutigen psychiatrischen und pädagogischen Einrichtungen für Menschen mit Lern- und geistige Behinderungen).
[10] ↑ Kieler Küste [17] ↑ Stinkeviertel Das Begriff (Stadt-, Wohn-) Viertel ist in Kiel Umgangssprache: man meinte den Stadtteil, in dem man lebte oder, um ein Gebiet unabhängig vom Gebiet eines Stadtteils zu bezeichnen. Früher wurden die Viertel durch seine Bewohner oder durch die anderen Stadtbewohner definiert: Hafenviertel (manchmal meint man die Kieler Küste, das Rotlichtviertel Kiels), Bahnhofsviertel, Studentenviertel, Arbeiterviertel (Gaarden-Ost, Ostufer s. o.), Stinkviertel, Afrikaviertel (Kiel-Neumühlen-Dietrichsdorf), Gängeviertel (s. o.), Marineviertel, Berliner Viertel (Kiel-Russee) Villenviertel (Kiel-Düsternbrook).
Heute benutzen auch die Immobilienunternehmer und Investoren das Wort: z. B. das Maritimes Viertel in Kiel-Wik seit 2013 – nicht zu verwechseln mit den Marineviertel (wie Nicht-Kieler und auch viele Kieler das tun).
Trotz der Verwechslungsgefahr: Geht es nur mir so, dass Immobilienunternehmer und auch (Kieler) Zeitungen statt Viertel häufiger „Quartier“ sagen? Globalisierung? Oder weil sie vielleicht glauben, dass das Wort „Viertel“ negative Assoziationen hat? So gibt es seit 2015 das Schlossquartier, direkt am Hafenviertel – Entschuldigung: Rotlichtquartier (global, Schweizer Deutsch).
[11] ↑ Schneider = lateinisch sartorius, Plural sartori: Sartori & Berger-Speicher am Hafen in der Altstadt; Kaufmann, Händler = lateinisch mercator: Mercator-Hochhaus (s. o.) in Kiel-Wik. Neben Latein und Deutsch tun man in Kiel außer Platt auch Missingsch sprechen (s. u. ’s Greven Diek).
Nochmal übrigens: Dieses Sammelsurium stammt aus der niederdeutschen (Sprach-) Küche. Das sammelsur war ein „saures Gericht aus gesammelten Speiseresten“. Im 17. Jahrhundert fanden auch die armen Kieler Studenten die billige Gemüsemischung ekelhaft. Abfällig verpassen sie das kulinarische Gericht die scheingelehrte latinisierende Endung -ium.
Notabene: ich mag nicht das Swattsurium
[13] ↑ Ich weiß nicht, wann ich den Namen „Langemarck-Denkmal“ erstmals gehört oder gelesen habe.
Offiziell und amtlich war und ist der Name „Langemarck-Denkmal“ nie gewesen.
Die ersten schriftlichen Belege der Bezeichnung stammen womöglich aus den frühen 1980er und heute findet man das Ehrenmal unter den Namen „Langemarck-Denkmal“ im Internet (siehe z.B. aus Google Maps, nicht jedoch auf den Stadtplan der Landeshauptstadt Kiel).
Es mag sein, dass die Kieler „Langemarck-Denkmal“ für das Ehrenmal schon kurz nach der Errichtung sagten oder in der Zeit der NS-Diktatur. weil das Langemarck-Ufer in der NS-Zeit in der Nähe war (1933 Umbenennung der Wasserallee vom Seeburg zum Wall / Kieler Hafen, 1947 Umbenennung in Strandweg, ab 1969 Teil des Düsternbrooker Weges).
Vielleicht auch, das Teile der Studentenschaft bereits 1928 und in der NS-Zeit Gedenkveranstaltungen – die Langemarck-Feiern – abhielten mit ihrer „Heldenehrung“, „Übernahme … des Erbes der Frontsoldaten“ die „Pflichterfüllung in dem Sinne“ von Langemarck und den „Dienst an einer Idee, die größer ist als wir selbst“. → Mythos von Langemarck (s. o. auch der Marientempel).
Durch die räumliche Entfernung zu dem jetzigen CAU-Campus in Kiel-Ravensberg wissen heute viele Kieler und Nicht-Kieler nicht mehr, dass die Kieler Universität 1931 den Architekten Gustav August Munzer (Laboer Marine-Ehrenmal) beauftragte, das Ehrenmal für die im Ersten Weltkrieg 541 gefallenen Studenten und 17 Dozenten zu bauen.
In der damaligen Zeit war der Mittelpunkt der Kieler Universität am Schlossgarten in Kiel-Düsternbrook: neben der Gropius-Bauten (s. o.) und die Kunsthalle Kiel stand westlich des Ehrenmals das Hauptgebäude der CAU. Im Eingangsbereich des Kollegiengebäudes brachte man 1932 Bronzetafeln mit den Namen der umgekommenen Studenten und Dozenten an (im Zweiten Weltkrieg zerstört).
Und selbst wenn man es weiß / wussten: in der NS-Zeit fand in Kiel der Prozess der Gleichschaltung schnell und ohne größeren Widerstand statt, große Teile der Studentenschaft und des Lehrkörpers sahen sich als Vorreiter in der Umsetzung der NS-Bildungs- und Rassenpolitik und die fatale Rolle der Kieler Universität ist bekannt (→ Kieler Schule – frühgeschichtliche Forschung 1927-1945). Deshalb ist die Bezeichnung „Langemarck-Denkmal“ als „Sinnbild der deutschen Vaterlandsliebe und Einsatzbereitschaft bis zum Tod“ für das Ehrenmal der Universität richtig?
Vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wollten viele Funktionäre und Amtsinhaber der damaligen CAU mit diesem Ehrenmal etwas anderes bezwecken als den Mythos Langemarck zu feiern (im Gegensatz zu vielen Teilen der Studentenschaft):
Das ungegenständliche und deutungsoffene Ehrenmal auf einem Sockel (heute für viele nur eine Aussichtsplattform am Skulpturenpark) mit dem fünf im Halbkreis stehenden Sandsteinstelen und jeweils einer Spitze aus Edelstahl wie Bajonette, die an die fünf Kriegsjahren erinnern (→ Kunst@SH – Gustav August Munzer: Studenten-Ehrenmal), sollte nicht die überhöhte Stilisierung als „heldisches“ und „heiliges Opfer“ zeigen, wie es der Mythos von Langemarck verdichtete, sondern das kollektive Gedenken zur „Überwindung des uns zerklüftenden Hasses“ bewusst zu machen. Nicht ein kriegsverherrlichendes Langemarck-Denkmal, sondern auch damals schon eine Art Mahnmal.
→ Sven Reiß: Das Kieler „Langemarck-Denkmal“ – Nicht errichtet und doch steinernes Zeugnis
Allerdings war und ist für mich (unabhängig davon, was die Erbauer bezwecken wollten) durch die (Bajonett-) Klingen des modernen Ehrenmals martialischer als das in der Sichtachse gegenüber im Schlossgarten stehende Denkmal an den deutsch-französischen Krieg 1870/71: die Reliefbilder mit den Szenerien ohne Heldenkult machen mich traurig.
[14] ↑ Kruse sien Koppel: der Bauer Heinrich Wilhelm Kruse schenkte seine Koppel im Jahr 1886 der Stadt Kiel, die daraufhin im Jahr 1900 die Krusenkoppel als Park anlegte (s. u. ’s Greven Diek).
[16] ↑ Kiel hatte bereits seit 1925 mit der vom Architekten Ernst Prinz erbauten Nord-Ostsee-Halle in der Gutenbergstraße eine Messe- und Veranstaltungshalle besessen. Die Halle war 1944 durch Bombenangriffe fast vollständig zerstört worden. Für einen Neubau wurde der Architekt Wilhelm Neveling (s. o. Alter Markt) beauftragt. Für die Hallenkonstruktion wurden Teile ausgedienter Flugzeughangars des Fliegerhorstes auf der Insel Sylt wiederverwendet, mit denen der Bau innerhalb kurzer Zeit entstehen konnte.-Durch die zahlreichen Umbauten (z. B. s. o. Beiboot) spürt man es nicht mehr.
[18] ↑ Nur eine andere (verrückte?) Idee im Kopf: Arbeitstitel „Aus Trümmern auferstanden“ – ein Mahnmal für ein Mahnmal“
In mir reifte langsam die Idee, dass man das Mahnmal wieder am Berliner Platz aufbauen sollte – nicht als „Heimkehrer-Ehrenmal am Berliner Platz“, wie es genannt wurde, sondern als Mahnmal in der Bedeutung, dass es in der ganzen Welt widerrechtlich festgehalten Gefangene gibt (so Kulturreferent Dr. Jochen Arp 1966). Und damit auch als Mahnmal der Folgen eines Krieges.
Als ich erfuhr, dass das Mahnmal im Trümmer lag, dachte ich, dass ich die Idee begraben habe.
Durch die vieler Bauarbeiten in der Innenstadt Kiels und durch die Beschäftigung der Geschichte Kiels tauchte die Idee aber wieder empor.
Diesmal unter den Arbeitstitel „Mahnmal für ein Mahnmal“, fast eine „Kunstinstallation“: die Trümmer sollte man auf den nicht mehr runden Berliner Platz (vielleicht eine kreisförmigen Pflasterung mit dem Berliner Meilenstein) arrangieren. Mit Informationen (auch digital) wie bspw. die Kieler Erinnerungstage von Christa Geckeler, über Fritz During, über Kieler Städtebau etc. pp..
(Vielleicht zu) Symbolträchtig verkörpert der Berliner Platz mit „aus Trümmern auferstandenem“ Mahnmal den Wiederaufbau, Abbruch und Neubau der Stadt und der vergessenen Erinnerungen.
Allerdings: Durch den russischen Überfall auf die Ukraine wird das Mahnmal als Mahnmal der Folgen einer Krieges aktueller.
Mal sehen, ob andere auch auf diese oder eine ähnliche verrückte Idee kommen (s. o. Holstenfleet)
[19] ↑ ’s Greven Diek (des Grafen Teich) ist ein natürlicher See, der in vergangenen Jahrhunderten zum Besitz des Landesherrn gehörte. Erst 1862 gelangte der Teich in den Besitz der Stadt und wurde 1902 Teil des Hohenzollernparks (bis 1947). ’s Greven Diek wurde im Missingschen zu Schreventeich.
Letzte Änderung: 242. Juni 2022
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